Am 14. September finden in Nordrhein-Westfalen die Kommunalwahlen statt – und Hennef Power macht den Kandidatencheck: Die Spitzenvertreter bzw. Kandidaten für das Bürgermeisteramt erhielten parallel von uns einen Fragebogen, mit dem wir mehr mehr ihre energie- und klimapolitischen Ziele erfahren wollen. Als erster antwortet uns Mario Dahm, seit 2020 Bürgermeister der Stadt Hennef und Kandidat der SPD Hennef.


Herr Dahm, welche Rolle spielt das Thema Klimawandel in Ihrer praktischen Politik?

Der Klimawandel spielt eine entscheidende Rolle in meiner täglichen Arbeit. Der Starkregen zu Beginn meiner Amtszeit war für mich ein einschneidendes Erlebnis, wie stark wir auch in Hennef vom Klimawandel betroffen sind. Daraus haben wir konkrete Maßnahmen abgeleitet, eine neue Schwerpunktsetzung vorgenommen und z. B. mit Unterstützung des Bundesumweltministeriums als eine der ersten Kommunen im Land ein Klimaanpassungsmanagement im Rathaus aufgebaut. Die Anpassung der Stadt an die Klimafolgen wird nun bei allen Prozessen mitgedacht und von Beginn an berücksichtigt. 

Der Rat hat das erste Klimaanpassungskonzept für unsere Stadt beschlossen. Zuvor haben wir schon einen Hitzeaktionsplan, eine Klimafunktionskarte und eine Starkregengefahrenkarte erstellt. Derzeit laufen die Arbeiten an einem integrierten Hochwasserschutzkonzept für die Sieg. Das sind alles Dinge, die wir vorher so nicht hatten, und die es uns ermöglichen, diesen langfristig angelegten Prozess der Klimaanpassung koordiniert fortzuführen, damit wir auch morgen noch gut und sicher in Hennef leben können. 

Neben diesen konzeptionellen Neuerungen und Arbeiten sind wir aber auch konkret tätig gewesen, beispielsweise mit unserem Baumpflanzungsprogramm, der Begrünung von Schulhöfen, dem Aufstellen von Trinkwasserspendern oder dem Fontänenfeld auf dem Marktplatz – um einige Beispiele herauszugreifen. Auch für den Krisenfall z.B. in Folge von Extremwetterereignissen sind wir heute resilienter aufgestellt durch ausfallsichere Kommunikation, Notstromversorgung, ein flächendeckendes Warnsirenennetz, Anlaufstellen für den Katastrophenfall, neue Fahrzeuge und Technik. 

Diesen Weg, unsere Stadt an den Klimawandel anzupassen, müssen wir unbedingt fortsetzen, z.B. mit einem „Masterplan Stadtgrün“, der Schaffung von „kühlen Orten“, dem Schutz besonders vulnerabler Gruppen, verbessertem Hochwasserschutz – aber natürlich auch mit Klimaschutz. Global denken und lokal handeln. Deshalb haben wir die Stellen der Klimaschutzmanager verstetigt und schreiben gerade unser Klimaschutzkonzept fort, um den Weg zur Klimaneutralität aufzuzeigen.

Dabei geht es darum, die Stadtverwaltung klimaneutral aufzustellen, aber auch durch Information, Bewusstseinsbildung und Beratung Privathaushalte und Unternehmen auf diesem Weg zu unterstützen. Deshalb haben wir z.B. den Hennefer Klimatag eingeführt. Wir haben den Masterplan Mobilität erstellt und fördern nachhaltige Mobilität z.B. mit Radpendlerrouten oder dem Ausbau des ÖPNV (plus 19 Prozent jährliche Fahrkilometer der Busse im Stadtgebiet seit 2020). Wir stellen die Straßenbeleuchtung nun schneller auf LED um und müssen auch in den nächsten Jahren unseren kommunalen Gebäudebestand weiter sanieren – gerade die Schulen sind mir dabei wichtig! Wir haben jedenfalls noch richtig viel zu tun, aber die Weichen sind richtig gestellt.

Welche Priorität räumen Sie grundsätzlich nachhaltige Energie in Ihrer politischen Arbeit ein?

Nachhaltiger Energieerzeugung räume ich eine hohe Priorität in meiner politischen Arbeit ein. Denn nur durch den Ausbau erneuerbarer Energien, können wir auch in Zukunft noch bezahlbare Energie beziehen und den Klimawandel bremsen. 

Konkret messen kann man das z.B. am Ausbau von Photovoltaikanlagen auf städtischen Flächen. Hier hat sich die Leistung der städtischen Anlagen seit 2020 um über 200 Prozent erhöht. Bei Neubauprojekten sind Anlagen jetzt Standard, im Bestand werden sie nachgerüstet. Das spart Energie und Geld im städtischen Haushalt, gerade auch weil wir attraktive Förderprogramme nutzen. Mein Ziel ist: Jedes geeignete städtische Dach erhält eine PV-Anlage. 

Ein weiterer Punkt ist unser städtisches Steuerungskonzept für Freiflächen-PV-Anlagen in Hennef, das auf einer beauftragten Potenzialstudie ausgeht und im Herbst in die Öffentlichkeitsbeteiligung geht.

Wie stehen Sie zu Wärmepumpen und E-Mobilität?

Ich stehe beidem natürlich positiv gegenüber. Bei städtischen Bauprojekten achten wir sehr auf Nachhaltigkeit, um Energie einzusparen und um als Stadt gutes Vorbild zu sein. Dazu zählen neben z.B. Holzbauweise, Dachbegrünung und PV-Anlagen auch die Nutzung von Wärmepumpen in städtischen Gebäuden.

Der neuen Pflicht zur kommunalen Wärmeplanung sind wir in Hennef deutlich vor der gesetzlichen Frist 2028 nachgekommen: Die Wärmeplanung liegt bereits vor und wurde vom Rat beschlossen. Damit ist natürlich nur eine grundsätzliche Potenzialanalyse und Strategie beschrieben. Gerade in den ländlichen Gebieten werden individuelle Lösungen zum Tragen kommen, wie eben Wärmepumpen. Aber hier bieten sich unter Umständen auch Bürgerenergieprojekte an, um kleinere oder auch kalte Nahwärmenetze in den Dörfern zu realisieren. In zentraleren Lagen gibt es das Potenzial für Wärmenetze unter Nutzung von z.B. Flusswärme, Abwärme oder Solarthermie. Es wird jetzt darauf ankommen, auch Energieversorger dafür zu gewinnen, in Hennef zu investieren und erste Projekte umzusetzen. Die Aufgabe, im Bestand eine nachhaltige zentrale Wärmeversorgung aufzubauen, ist jedenfalls riesig.

Im städtischen Fuhrpark setzen wir heute mehr auf E-Mobilität. Dazu habe ich z.B. die Entscheidung getroffen, dass grundsätzlich E-Fahrzeuge beschafft werden, wenn es keinen dargelegten Sachgrund dagegen gibt (z. B. bei Einsatzfahrzeugen). Richtig ist auch der Weg der Verkehrsbetriebe im Rhein-Sieg-Kreis die Fahrzeugflotten umzustellen. Die Ladeinfrastruktur ist in Hennef noch ausbaufähig. Wir ermöglichen, wo es geht, daher auch die Nutzung städtischer Flächen, um zusätzliche öffentliche Ladepunkte zu schaffen. Mein nächstes Ziel ist die Schaffung einer ersten E-Tankstelle in Hennef. 


Was halten Sie von unserem Ziel der Energieautarkie für Hennef? Und auf welche Art könnten Sie sich vorstellen, uns dabei zu unterstützen? 

Das ist natürlich ein sehr ambitioniertes Ziel. Aber wie bei allen Zielen gilt: Wer nicht losläuft, kommt sicher nicht an. Die Zielsetzung passt zur gerade angelaufenen Fortschreibung unseres städtischen Klimaschutzkonzeptes hin zu einer Klimaneutralitätsstrategie für die Stadt Hennef. Diese Aufgabe ist zu groß, um sie allein von einer Stadtverwaltung bearbeiten und lösen zu lassen. Da sind am Ende (fast) alle gefragt. Deshalb ist das Engagement von Hennef-Power auch so wertvoll für unsere Stadt und bietet aus meiner Sicht viele Chancen und vor allem Anknüpfungspunkte zur Zusammenarbeit. 

Grundsätzlich ist es nicht nur der praktischen Durchführung des Ausbaus erneuerbarer Energien, sondern auch deren Akzeptanz sehr zuträglich, wenn es Beteiligungsmodelle für Bürgerinnen und Bürger gibt. So können die Menschen, in deren Kommune eine Anlage entsteht, auch konkret profitieren. Wir werden in Zukunft auch schauen müssen, wie auch die Stadt oder die Stadtwerke an solchen Projekten teilhaben und profitieren können, um Vorteile für alle zu sichern und Wertschöpfung vor Ort zu schaffen. Kooperationen wären also denkbar, müssten aber natürlich konkret ausgestaltet werden. 


Macht es für Sie einen Unterschied, welche Art der erneuerbaren Energie (Windkraft, PV oder Biogas) wir ausbauen?

Im Grundsatz nicht. Wir sollten uns in Hennef nicht grundsätzlich vor Technologien verschließen, die unsere Energieversorgung sichern und zukunftsfähig machen. Andere Regionen im Land sind sicher schon deutlich weiter als wir im Rhein-Sieg-Kreis, wo es manche Diskussion nun zu ersten Mal gibt. Wichtig ist, dass Anlagen erneuerbarer Energien an den richtigen und geeigneten Standorten entstehen, die Interessen der Anwohner*innen berücksichtigt und alle (Schutz-) Vorgaben z.B. hinsichtlich Lärm- oder Naturschutz eingehalten werden. Das ist nicht einfach, aber notwendig, und jede Menge Beispiele im Land zeigen, dass es möglich ist.

Das Potenzial für Windenergie ist in Hennef aufgrund der Siedlungsstruktur (starke Zersiedelung) und der Topografie begrenzt, sodass wohl nur einzelne Anlagen realistisch zu realisieren wären. Für Photovoltaik besteht noch großes Potenzial auf Dachflächen oder auf schon versiegelten Flächen, wie etwa großen Parkplätzen. Das hat für mich Priorität. Aber auch für Freiflächen- und Agri PV-Anlagen gibt es Potenziale. Um diese zu ermitteln und gleichzeitig die Flächenkonkurrenz für die Landwirtschaft zu minimieren, erstellen wir gerade ein Steuerungskonzept, das im Herbst in die Öffentlichkeitsbeteiligung geht.

Wie würden Sie mit Bürgerprotesten umgehen?

Mit Protest sollte man immer konstruktiv umgehen, Sorgen ernst nehmen und Interessen sinnvoll ausgleichen. Durch Kritik können Planungen ja auch besser und Fehlplanungen vermieden werden. Denn die gemeinsame Zielsetzung ist doch klar: Wir brauchen auch in Zukunft Energie, die bezahlbar ist und nicht weiter unsere natürliche Lebensgrundlage zerstört – und die wird nicht nur woanders oder weit weg produziert werden können. 

Diese grundsätzliche Ansicht werden sicherlich viele teilen. Dennoch wird es mit jeder Anlage am Ende konkret, wenn sie einen Ort und Ausmaße bekommt. Als Bürgermeister ist mir daran gelegen, Raum für einen öffentlichen Diskurs und eine fundierte und sachliche Meinungsbildung zu schaffen. Denn nur so, in transparenten Verfahren und mit hoher Zustimmung, kann Veränderung langfristig nachhaltig wirken und erfolgreich sein. So gehen wir als Stadt z. B. mit dem Steuerungskonzept für Freiflächen-PV-Anlagen vor – als erste Stadt in der Region. Durch solche Planungsinstrumente sollen alle die Gelegenheit bekommen, sich zu beteiligen und sich einzubringen, sodass am Ende aber auch ein Ergebnis steht, mit dem wir in den nächsten Jahren dann konsequent weiterarbeiten können. Diese Prozesse sind anstrengend und brauchen Zeit, zahlen sich aber langfristig sicherlich aus.

Vielen Dank, Herr Dahm!

Hinweis: Alle Lokalpolitiker erhielten zeitgleich einen identischen Fragebogen. Die übersandten Antworten veröffentlichen wir in der Reihenfolge ihres Eingangs ohne redaktionelle Änderungen. Mit dem Kandidatencheck möchte Hennef Power einen Fokus auf die Energie- und Klimapolitik im Kommunalwahlkampf 2025 richten und zur Meinungsbildung beitragen.

Foto © Sandra Seifen